Kunst im öffentlichen Raum 

Abseits der grafischen Arbeiten auf Papier hat Erich Steininger immer wieder Kunstwerke im öffentlichen Raum geschaffen. Zumeist waren es Tagwerke in der Sgraffito-Technik – nach dem italienischen sgraffiare (Kratzen) – auf privaten und öffentlichen Hausfasseden. Hierbei werden zwei in der Farbgebung unterschiedliche Putzschichten aufgetragen und im feuchten Zustand grafisch bearbeitet. Ähnlich wie im Holzschnitt entsteht ein klarer Hell-Dunkelkontrast aus Flächen und Liniensystemen zwischen den tiefen und erhabenen Bereichen.

Die Sgraffito-Technik war besonders in Italien und Böhmen im 16. Jahrhundert stark verbreitet. So findet sich auf der Burg Rappottenstein, einen Steinwurf von Steiningers Geburtststätte Ober Rabenthan im Waldviertel entfernt, ein wunderbares Renaissancebeispiel im Innenhof der Wehranlage, das mit einer Sgraffito-Scheinquaderung verziert ist. Auf der Fassade des Tennisvereinsgebäudes in Rappottenstein, vis a vis des Burgberges gelegen, verweben sich die Silhouetten von Tennisspielerikonen der 1980er- und 1990er Jahre zu einem dynamischen Linienspiel im tennissandigen Farbton: Aufschlag Boris Becker, Vorhand-Return Steffi Graf, Volley Stefan Edberg.

Sportlich geht’s auch auf dem Haus des Jugendsporthotels Bachlehen in Radstadt zu, wenn ein Schifahrer in Toni-Sailer-Manier die Tore schluckt. In der Gegend verbrachte Steininger als Lehrer zahlreiche Schikurse, und führte seine Schigruppe stets sicher ins Tal. Schützende Heilige dominierten die Bildikonografie von Steiningers Sgraffiti. Hl. Christophorus über den Garagen so mancher Waldviertler Bauernhöfe, Hl. Florian am Feuerwehrhaus, oder Maria mit Kind in astraler Pracht im wogenden Kornfeld. Eine Landschaftsszenerie mit Heumandln, strahlender Sonne und ertragreicher Ernte ziert die Hinterseite des Gasthofs Eichinger in Kirchbach, ehemals kulinarisch-gesellschaftliches Zentrum des Ortes. Ornament und Symbol sind zwei elementare Charakteristika von Steiningers Sgraffiti.

In den Projekten der Kunst im öffentlichen Raum bestimmen vor allem bildbezogene Werke, die mit der jeweiligen künstlerischen Phase in Holzschnitt, Radierung und Zeichnung von Erich Steininger konformgehen, die Arbeiten. So wurden für den Rolltreppenaufgang der U3-Station Enkplatz in Wien, die auf den abstrakt grafischen Schwarz-Weiß-Holzschnitten der 1990er-Jahre basiert, eine mit Spiegeln alternierende großformatige Arbeit geschaffen. Im Tullner Messe-Areal hat Steininger den Baumwipfelweg – eine Aussichtswarte – künstlerisch mit auf Glasplatten gedruckte Holzschnitte bespielt. Einen Schwerpunkt, wie auch in den Sgraffito-Arbeiten, nehmen sakral religiöse Themen ein. Wandaltäre, wie die in der Kapelle des Pensionistenheims in Laa an der Thaya und Retz sind entstanden. Erich Steiningers allerletztes künstlerisches Werk ist das in Violett gehaltene Fastentuch für das Cellarium des Stiftes Zwettl, das das Holzkruzifix im mittelalterlichen Gewölbe in den 40 Tagen vor Ostern verdeckt.

Spiegelbilder, U3 Enkplatz, Wien

2000, Siebdruck nach Holzschnitten auf Email, Spiegel. Lack auf 14 Betonsäulen, Höhe je Säule: 420 – 450 cm, Durchmesser: 140 cm

www.wienerlinien.at